Auszüge aus dem Interview von Benjamin Recklies und Philipp Gablenz – 13. Mai 2021, airliners.de
Der vollständige Artikel ist hier bei airliners.de zu lesen.
airliners.de: Sie haben eine Flugsuchmaschine für umweltbewusstes Fliegen aufgebaut. Was ist daran anders?
Philipp von Gablenz: Grundsätzlich funktioniert GruenerFliegen.de wie jede andere Suchmaschine auch. Nutzer geben Start und Zielort sowie Zeitraum und eine Buchungsklasse ein. Im Anschluss erscheint ein Flugsuchergebnis. Unsere Kunden werden dann zu den Anbietern weitergeleitet, die die Flüge verkaufen. Das Besondere bei uns ist, dass Kunden bei der Suche direkt sehen können, wie viel CO2 ihr gewählter Flug emittieren würde und wieviel eine Kompensation ihrer Schadstoffe kosten wird.
Wer ist Ihre Zielgruppe?
Die jüngere Generation. Hier wächst ein radikales Umweltbewusstsein heran. Hier gilt: Lieber weniger reisen und für die Folgen einstehen, also CO2-günstige Flüge aussuchen und das verbrachte CO2 kompensieren als jedes Wochenende nach Mailand oder Madrid jetten. Die Kompensation ist nötig, aber streng genommen natürlich ein Notnagel, bis die Industrie endlich CO2-neutrale Flüge ermöglicht.
Heißt das auch, dass Sie von bestimmten Flügen abraten?
Wir haben die Angebote in der Tat grafisch unterteilt. Nur grün markierte Flüge, sind Flüge, bei denen unsere Kunden CO2 sparen können. Rote Flüge sind Verbindungen, bei denen überdurchschnittlich viel CO2 ausgestoßen wird. Und diese kann man bei uns gar nicht erst buchen. Da sind wir konsequent und sagen: „Stopp! Nimm einen umweltfreundlicheren Flug.“ So wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass umweltschädlichere Flüge in Zukunft gar nicht mehr angeboten werden.
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Der Fokus liegt also auf dem Emissions-Vergleich und nicht auf dem Preis?
Ja. Über Vergleichbarkeit kommt Druck ins System. Die Branche hat sich bei der Hinwendung zu Umweltthemen, vorsichtig gesagt, noch schwerer getan als die Automobilindustrie. Jahrzehntelang galt nur „mehr, mehr, mehr“ und „billiger, billiger, billiger“. Alles andere spielte eigentlich keine Rolle.
Je jünger die Verbraucher sind, desto ernster nehmen sie den Umweltschutz. Reiseannehmlichkeiten und der Preis treten als Entscheidungskriterien in den Hintergrund. Natürlich wird das Fliegen künftig teurer werden. Die Zeiten, in denen Menschen für einen Euro nach Mallorca geflogen sind, die sind vorbei. Und das ist auch gut so.
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Woher bekommen Sie die Flugdaten?
Wir haben aktuell Kiwi.com eingebunden, aber wir sind mit weiteren Anbietern in Gesprächen und haben auch schon Verträge abgeschlossen. Uns ist bei der Auswahl wichtig, dass potenzielle Partner ein breites Angebot bieten, damit den Kunden eine größere Anzahl an möglichen Flügen zu Verfügung steht. Gleichzeitig wollen wir auch möglichst viele Anbieter einbinden, weil mit mehr Auswahl bessere Preise angeboten werden können. Es gibt keinen Grund, warum wir einen schlechteren Preis anbieten sollten als andere. Bei uns steht einfach die Umwelt im Mittelpunkt und nicht der Preis.
Also ist der Preis am Ende doch wichtig?
Natürlich, aber nach ungefähr 20 Jahren in der Luftfahrtindustrie ist mir am Beginn der Corona-Pandemie klar geworden, dass für die Luftfahrtbranche eine neue Ära anbrechen wird. Der Schutz unseres Klimas und unserer Umwelt rückt immer weiter ins Zentrum unseres Handelns. Unsere Gesellschaft muss CO2-neutral werden. Jede Industrie muss dazu ihren Beitrag leisten. Um es klar zu sagen: Unternehmen, die keine klare Dekarbonisierungsstrategie vorlegen können, werden über kurz oder lang aus dem Markt verschwinden. Davon bin ich überzeugt. Der Regulierungsdruck für die gesamte Luftfahrt wird weiter zunehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat gerade das aktuelle Klimaschutzgesetz zumindest in Teilen gekippt. Das zeigt, dass die Politik nicht aus eigenen Erwägungen heraus diesen Regulierungsdruck weiter erhöhen wird, sondern weil sie getrieben wird. Für die Luftfahrtunternehmen heißt das: Dekarbonisieren oder aus dem Markt rausfliegen. Künftig wird man jedes Gramm CO2, welches man verbraucht, bezahlen müssen, beziehungsweise dafür Sorge tragen, dass es gar nicht erst in die Luft emittiert wird.